Reichsehrenmal Tannenberg

 

Auf flachem Hügel, umgeben von einem Talgraben, erhebt sich das Denkmal. Im Stile einer alten germanischen Wehrburg errichtet, ragen acht wuchtige Türme aus dem Achteck des Rundlings auf. Weit ausholend und schwer gearbeitet lagert das Mauerwerk auf der Landschaft. Ringsherum ziehen sich Ackerbreiten, Weiden und Wälder über das leicht gewellte Land. Seenflächen leuchten auf. Höfe liegen an Busch- und Waldstücke geschmiegt. Zuvorderst breitet sich das Städtchen Hohenstein/Ostpreußen.

Gesamtansicht des Reichsehrenmals Tannenberg Blick in den Ehrenhof

Weit geht der Blick ins Land hinein von dem Soldatenturm aus, das sind die, die Brennpunkte der Schlacht von einst: Dröbnitz, wo 183 deutsche Krieger nun schlafen; Mühlen, von am Rande „der Hölle“ das Erdreich heute noch die Spur der Schützengräben zeigt; Waplitz, wo sich am 28. August, im Nebel überrascht, die tapfere 41. Division verblutete.

Eingang zum Hindenburgturm

Über Mühlen hinaus nach Westen zu liegt Tannenberg. Dort kämpfte 1410 der Deutsche Ritterorder. Der Jungingenstein, ein alter Findlingsblock, der des gefallenen Hochmeisters Namen trägt, erzählt davon. Blutgetränkte Erde ist dies Land, in dem sich deutsches Schicksal zweimal schon entschied. Unvergleichliches Heldentum sah es, wie es die Bilder im Inneren des Turmes vom Leben und Sterben des feldgrauen Soldaten zeigen.

Wenige Kilometer weiter westlich von dem Dorfe Tannenberg steht ein zweiter Findlingsblock aufgerichtet: „Von hier aus leitete in den entscheidenden Stunden des 28. August 1914 Feldmarschall von Hindenburg mit seinem Generalstabschef Ludendorff die mehrtägige Schlacht von Tannenberg.“ So spricht der Stein. Hinter dem dunklen Kranz der Wälder, die den Horizont umsäumen, aber ragt noch ein dritter Stein, der den Namen und ein Schicksal nennt: „Samsonow!“ Es ist die Stelle, wo der russische Feldherr tot aufgefunden wurde, nachdem sein Heer vernichtet worden war. Und ringsum auf dem Ehrenfriedhöfen der Dörfer, in den stillen Gräbern an Waldrändern und Feldwegen liegen die Tapferen, wie sie auf beiden Seiten gefochten zum Schutze der Heimat oder von fern her hier heranmarschiert waren.

Bei Waplitz steht die Brücke noch,
Darauf des Todes Blick gezielt,
Wie die Würfel ausgespielt
Gar seltsam Loch an Kugelloch.

Bei Orlau, am Maranse-See,
Bei Mühlen in der Todesschlucht,
Rings in der dunklen Wälder Flucht,
Ragt Kreuz an Kreuz in Kraut und Klee

Es steht ein graues Heer im Land,
Ein Trüpplein hier und dort ein Hauf'.
Die weite Grenze ab und auf
Steht es auf Wache unverwandt.

Und nächstens zwischen See und Tann
Im Dunste hallt's wie Roßehuf,
Sei wach! Sei wach! Der Feind rückt an!

Es schläft des Sieges Feldmarschall
Bei Hohenstein im Feldherrnturm.
Und Fahnen wehen überall,
Als zög' ein Heer dahin im Sturm.

Der stumme Nebel senkt sich schwer,
Und Dorf und Kate schläft im Dunst.
Erloschen ist der Städte Brunst.
Doch ringsum wacht das tote Heer!

Auf jenen Straßen leuchten die Fackeln, da der tote Feldmarschall auf schweigender, nächtlicher Fahrt durch dies Land seines größten Sieges zur ewigen Ruhe in das Ehrenmal überführt wurde. Da standen die Männer und Frauen und Kinder und grüßten ehrfürchtig den Sarg auf der Lafette und sahen den schweigenden grauen Reitern nach, die den Zug geleiteten. Später aber erzählten sie sich, dass da und dort, wo der Nebel aus den Waldstücken aufgestiegen sei, aus den einst so heiß umkämpften Bodensenken sich im Mondlicht gewaltige graue Soldaten geformt hätten und neben dem Zuge einhergeschritten seien bis gen Sonnenaufgang.

Maßgebend in meinem Leben und Tun war für mich nicht der Beifall der Welt, sondern die eigene Überzeugung, die Pflicht und das Gewissen. Bis zu meinem letzten Atemzug wird die Wiedergeburt Deutschlands meine einzige Sorge, der Inhalt meines Bangens und Betens sein.“

Im Hindenburgturm

So leuchten uns die Lebenssätze des großen Deutschen entgegen von der gewaltigen Bronzetür der Gedächtnis-halle im Hindenburgturm. Und da steht die Gestalt des Feldherrn nun, von des Künstlers Händen in ein gewaltiges Denkmal aus matten Porphyr gebannt. So, wie er in der Seele des Volkes seit dieser einzigartigen Schlacht schon immer gelebt hat: Gewaltig, hoch, alles Menschliche überragend, mythisch. Er ist die geruhigte Kraft, die wie ein Felsen im Strudel der Zeit steht, der die Krise, welche auch die Tannen-bergschlacht hatte, mit dieser tiefen inneren Ruhe überwand, wie er alle Krisen überwunden hat.

"Sei getreu bis in den Tod!“, das ist das Geheimnis seiner Kraft. Drunten in der Gruft, die sich aus dunkelgrünem Diabas hoch emporwölbt, steht es zu lesen auf dem Kreuz, das hinter dem Bronzesarkophag des Feldmarschalls aufragt. In dem kleineren Sarkophag mit dem Rosenzweig ruht die Gattin des Feldherrn.

Regungslos, gleich dem gewaltigen Standbildern am äußeren Eingang des Gruftturms, stehen die beiden jungen Soldaten der Wache in der Vorhalle. In den Seitenkammern der Gruft aber schlafen 20 namenlose Feldgraue den ewigen Schlaf.

Draußen im achteckigen Ring der Treppen breitet sich der gewaltige Hof, steilen sich die wuchtigen Türme, heben sich im Schatten der Mauernischen die Ehrenmale der Regimenter, die hier einst in jenen Augusttagen 1914 geblutet haben. Da ist der Fahnenturm, der die Fahnen aller jener Regimenter enthält, der Ostpreußenturm, welcher der Darstellung ostpreußischer Wehrgeschichte dienen soll. Im Feldherrenturm sind die Büsten aller Führer selbständiger Truppenverbände in der Schlacht vereinigt. Am Eingangsturm aber steht, in Bronze gegossen, das Wort der Feldmarschalls, mit welchem er die Kriegsschuldlüge zurückwies: „Die Anklage, dass Deutschland schuld sei an diesem größten aller Kriege weisen wir, weist das deutsche Volk in allen seinen Schichten einmütig zurück. Nicht Neid, Hass oder Eroberungslust gaben und die Waffen in die Hand. Der Krieg war uns vielmehr das äußerste mit den schwersten Opfern verbundene Mittel der Selbstbehauptung einer Welt von Feinden gegenüber. -“ So spricht hier, an dieser Stelle, wo Tausende in der Verteidigung der Heimat ihr Leben ließen, die Stimme des größten Deutschen jener Tage. Es war am 18. September 1927. Der 80jährige Feldherr weihte damals mit diesen Worten das in seinen Hauptteilen vollendete Denkmal.

Eingang zur Gruft

Am 31. August 1924 war die Feier der Grundsteinlegung gewesen. Den Bauentwurf hatten die Gebrüder Walter und Johannes Krüger aus Berlin-Carlottenburg gefertigt. Hindenburg selbst hatte ihrem Vorschlag zugestimmt, welcher an vorgeschichtliche germanische Grab- und Opferstätten in seinem Grundgedanken anknüpfte.

Nachdem der Feldmarschall am 2. August 1934 die Augen für immer geschlossen hatte, erfuhr das Denkmal, um es zur würdigen Ruhestätte des großen Toten auszugestalten, einen Umbau, der 1935 vollendet war. Der Grabhügel der unbekannten Soldaten, der sich unter dem jetzt am Hindenburgturm angebrachten hohen Kreuz in der Hofmitte befunden hatte, wurde beseitigt. Die Toten wurden in den Seitenkammern der Gruft beigesetzt, und der Ehrenhof erfuhr eine Tieferlegung um etwa zweieinhalb Meter.

Aus dem mit Granitplatten belegten Hofraum steigt nun der Treppenring in 27 Stufen empor. Über ihm steilen sich Mauern und Türme zu imposanter Höhe auf. 84 riesige Granitblöcke wurden zu den Grufteingangsmauern übereinandergetürmt. Aus den verschiedenen Gegenden des Reiches hatte man die vielen hundert Zentner schweren Steinriesen herbeigeschafft. Der gewaltigste von ihnen, ein ostpreußischer Findling aus dem Samland, überdeckt als Grabplatte den Grufteingang.

In der Hindenburggruft

Am 2. Oktober 1935 wurden die sterblichen Reste des großen Toten, welche bis dahin im Turm 2 des Denkmals aufgebahrt gewesen waren, in die Gruft feierlich überführt. Das Denkmal aber wurde vom Führer zum Reichsehrenmal erklärt und vom Reich in Obhut genommen.

Ernst und wuchtig in seiner Geschlossenheit bietet es sich den Beschauer von außen dar. Ein Bollwerk deutscher Kraft und Größe, mahnt es im Geiste dessen, der diese Erde dem Deutschtum vor dem anstürmenden Osten rettete. Die tiefe, ruhevolle Stimme des Feldmarschalls, die den Feldgrauen einst hier vorangeklungen, die in schwerster Zeit das deutsche Volk lenkte, spricht als ewige Mahnung von dieser Stätte aus zu den Deutschen in aller Welt: „Es sei eine Stätte, an welcher sich alle die Hand reichen, welche die Liebe zum Vaterland beseelt, und denen die deutsche Ehre über alles geht!“

 

Quelle: Abschrift der  Broschüre Reichsehrenmal Tannenberg
Textgestaltung: Hansgeorg Buchholz, Lötzen – Bilder nach Radierungen von Georg Fritz, Berlin – Druck von Otto Eisner K.-G., Berlin SW 68